Umgang mit Gefühlen
Das mache ich, um nicht fühlen zu müssen
Es braucht zwar ein wenig Überwindung, aber hier sind meine häufigsten Vermeidungsstrategien. [Ich bin ein wenig neidisch auf dich. Du bist grad in der komfortablen Lage, dich hier nicht zeigen zu müssen, sondern kannst genüsslich lesen, wie ich mich hier offenbare]:
#1: Ich scrolle durch Instagram.
Und Facebook, Linkedin, meine Newsapps etc. Dies ist mein erster Zufluchtsort, wenn ich mich selbst nicht spüren will. Besser geht es mir dadurch logischerweise nicht. Zum Glück habe ich weder einen Fernseher noch Netflix; das nennt sich Selbstüberlistung. 😅
#2: Ich esse.
Ich esse, um nicht zu spüren, wenn ich traurig, frustriert, hilflos, ohnmächtig oder sonst etwas bin. Oder wenn ich müde bin [was kein Gefühl an und für sich ist, aber negative Gefühle mit sich bringt]. Meine hohe Affinität zu Zitronenkuchen hilft da natürlich nur bedingt 🍰.
#3: Ich arbeite.
Das erscheint auf den ersten Blick gar keine so schlechte Strategie zu sein. Aber ich arbeite dann unmotiviert und ohne Freude, was ich eigentlich ablehne. Denn dies ist nicht die Energie, mit der ich mein Unternehmen führen will.
#4: Ich gehe shoppen.
Das ist mir etwas peinlich zuzugeben, vor allem, da es so gar nicht zu meinem Werten von Nachhaltigkeit, Minimalismus und Simplicity passt. Darum ist diese Vermeidungsstrategie auch an letzter Stelle, weil ich sie über die Jahre ziemlich gut in den Griff gekriegt habe.
Was sind deine Vermeidungsstrategien? Was machst du, wenn du grad lieber nichts fühlst?
Was mit Gefühlen passiert, die wir wegdrücken
Zurück zu den kleinen Kindern.
Wenn wir sie wegschieben, dann zerren sie umso mehr an unserem Hosenbein und schreien noch lauter. Oder sie lassen sich zwar wegschubsen und sitzen dann schmollend in einer Ecke. Über den emotionalen Schaden, den wir ihnen damit vielleicht zugefügt haben, wollen wir hier gar nicht sprechen.
Und wir wissen auch, dass wir sie zwar für den Moment oder auch für eine längere Zeit ignorieren können, aber wir ahnen auch, dass sie trotzdem da sind und sich im unpassendsten Moment wieder in den Vordergrund drängen.
Und genau so ist es mit unseren verdrängten Gefühlen. Sie liegen im Abseits auf der Lauer und überfallen uns.
Sie wollen beachtet werden.
Doch wie machen wir das?
Wie steigen wir in diesen Fluss der Gefühle, ohne dass wir mitgerissen werden und untergehen?
Gut mit Gefühlen umgehen
Erstaunlich, aber wahr: Gefühle, die wir bewusst wahrnehmen und denen wir den Raum geben, den sie brauchen, verwandeln sich viel schneller als diejenige, die wir wegdrücken.
Darum ist der erste Schritt im Umgang mit Gefühlen immer die Akzeptanz.
Ich gebe oft meinen Gefühlen einen Namen und eine Gestalt und gehe mit ihr spazieren. Auf unserem Spaziergang frage ich sie, worum es ihr geht und was sie jetzt braucht.
Und in diesem Dialog erfahre ich dann oft den wahren Grund für das Gefühl, das grad mein Leben zu dominieren droht.
Gleichzeitig wende ich ein Tool an, das es mir erlaubt, nicht im Fluss der Gefühle unter zu gehen, sondern im Fluss zu schwimmen. Darum heisst das Tool auch SWIM und steht für die folgenden vier Schritte, um gut mit Gefühlen umzugehen:
S elbst-Empathie anwenden: behandle dich, wie du jemanden, den du liebst, behandeln würdest. Spende dir Trost und werde dein*e beste Freund*in.
W ahrnehmen, was passiert: Beobachte den Schmerz aus der emotionalen Distanz. Stell dir vor, du würdest einen Kinofilm schauen und einfach beobachten.
I nnenschau im Körper: Wo genau im Körper sitzt der Schmerz, welche Farbe hat er, welche Konsistenz, wie fühlt er sich an? Schreibe deine Erfahrung auf, schildere sie ganz im Detail und sei einfach mit ihr.
M ensch sein: Oft fühlen wir uns im Schmerz isoliert und "warum ich" Gedanken können auftauchen. «Mensch sein» bedeutet, dass du nicht allein mit deinen Gefühlen und Unzulänglichkeiten bist, sondern dass dies Teil der gemeinsamen menschlichen Erfahrung ist. Und das allein ist doch schon so tröstlich!
SWIM verhilft mir, bildlich gesprochen an der Oberfläche des Flusses zu bleiben. Das heisst, ich gehe in den Gefühlen nicht untern, sondern bleibe handlungsfähig.
Und das ist der wichtigste Punkt.
Denn jetzt kann ich mir überlegen, was ich brauche, um vorwärts zu gehen und die Lage für mich besser zu machen.
Und damit ein schöneres Gefühl kreieren.
Alles was wir im Leben wollen ist ein Gefühl
Eigentlich wollen wir im Leben nichts anderes als Gefühle.
Positive Gefühle.
Alles, was wir tun, dient dazu, negative Gefühle zu minimieren respektive zu vermeiden und uns positive, schöne Gefühle zu verschaffen.
Und das macht das ganze Leben ungemein simple.
Denn wenn wir uns bewusst werden, welches positive Gefühl wir wirklich wollen, dann ist nur noch die Frage, wie wir uns dieses Gefühl verschaffen können.
Aber testen wir doch mal diese Aussage:
Warum wollen wir eine Beziehung?
Wir wollen mit jemandem gemeinsam durch das Leben gehen. Wir wollen uns gemeinsam weiterentwickeln, innerlich ankommen, das Gefühl, zu jemandem zu gehören und uns verbunden fühlen.
Wir wollen das Gefühl haben, für mindestens eine Person das Wichtigste auf Erden zu sein. Wir wollen uns so gesehen, akzeptiert und geliebt fühlen, wie wir sind.
Und wir haben den Wunsch, uns weiter zu entwickeln und damit unserem Naturell zu folgen, das tief in uns verwurzelt ist [und uns hoffentlich nicht aberzogen wurde].
Also wollen wir eigentlich all diese schönen Gefühle. Und Mr. oder Mrs. Right soll die Quelle dafür sein.
Warum wollen wir bestimmte Freundinnen und Freunde?
Wir wollen eine gute Zeit zusammen erleben, tanzen und essen gehen und das Leben geniessen.
Gleichzeitig wollen wir von diesen Personen verstanden und akzeptiert werden, Unterstützung erfahren und selber auch Support bieten. Wir wollen gebraucht werden und gleichzeitig für andere da sein.
Wir wollen das Gefühl von Verbundenheit und Zugehörigkeit haben.
Warum wollen wir einen bestimmten Job?
Wir wollen einer Tätigkeit nachgehen, die Spass macht, uns erfüllt und mit der wir etwas bewirken können. Dabei wollen wir auch lernen, uns weiterentwickeln und etwas Sinnvolles tun.
All das gibt uns ein Gefühl von Zufriedenheit, von Erfüllung und von Sinnhaftigkeit.
Aber vielleicht geht es gar nicht so weit und der Job dient einfach dem Lifestyle:
Warum wollen wir einen bestimmten Lifestyle?
Wir wollen es schön haben und uns wohl fühlen. Vielleicht ist uns ein bestimmter Status wichtig oder auch nicht. Gleichgültig, wie wir unser Leben gestalten, es soll uns möglichst ein Gefühl von Sicherheit, Annehmlichkeit und Akzeptanz bringen.
Vielleicht bist du jetzt noch kritisch. Dann mach gerne den Check für dich mit folgenden Fragen:
Was wünschst du dir?
Warum ist dir das wichtig?
Warum ist dir das wirklich wichtig?
Warum ist das noch wichtig?
Wo landest du mit deinen Antworten? Bei den Gefühlen? 👉 Schreibe es gerne in die Kommentare, ich bin so gespannt auf deine Erfahrung.
PS: Natürlich gibt es Erfahrungen, die solch starke Gefühle bei uns auslösen, dass wir uns dafür entscheiden, uns nicht damit auseinander zu setzen. Und das ist auch ok. Wenn dich aber negative Gefühle immer wieder plagen, dann möchte ich dich dazu ermutigen, zu schwimmen! Weil du es kannst.